Biokraftstoff - Nachhaltigkeit garantiert.


Kritik

Einer der weltweit führenden Wissenschaftler im Bereich der Ökobilanzierung, Prof. Dr. Matthias Finkbeiner, hat sich in der Studie "Indirekte Landnutzungsänderungen in Ökobilanzen - wissenschaftliche Belastbarkeit und Übereinstimmung mit internationalen Standards" kritisch mit der iLUC-These auseinander gesetzt. Seine Studie finden unter diesem link, die Zusammenfassung ist hier abrufbar.

Der VDB hat in diesem Positionspapier die wichtigsten Kritikpunkte an der iLUC-These zusammengefasst.

Eine Stellungnahme des VDB gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband, der Ufop und dem BDBe finden Sie hier.

 

Die bisherige Forschung kann derzeit keine belastbaren Aussagen darüber abgeben, wie groß der iluc-Effekt ist, so dass eine Gesetzgebung, die indirekte Landnutzungseffekte einbezieht, auf tönernen Füßen steht.
Die Produktion einer bestimmten Pflanzenart auf einer Fläche führt ohne Zweifel dazu, dass die bisher auf diesem Acker angebauten Früchte dort nicht mehr angebaut werden können. Unsicher ist dagegen,

  • ob die bisher auf diesen Flächen angebauten Pflanzen 1:1 an einem anderem Ort angebaut werden,
  • ob eine intensivierte Landwirtschaft stattfindet,
  • ob Erträge gesteigert werden können.

Für welchen Verwendungszweck (Lebens- oder Futtermittel, Biokraftstoffe) eine Regenwaldfläche in Ackerland umgewidmet wird, kann man äußerlich nicht erkennen. Daher müssen Modelle herangezogen werden, in denen Wirkungszusammenhänge dargestellt werden. Da die iluc-These noch recht neu ist, gibt es bisher keine eigenen iluc-Modelle. Deshalb werden von der Wissenschaft alte, für andere Zwecke erarbeitete Modelle benutzt, um herauszufinden, wie groß Effekte durch indirekte Landnutzungsänderungen sind. In den meisten Studien zu iluc wird mit Modellen gearbeitet, die als wichtigsten Parameter den Preis und die Preisentwicklung von bestimmten Rohstoffen haben und dann (direkte) Landnutzungsänderungen einbeziehen. Die bisher umfassendste Studie, die im wesentlichen Preiseffekte berücksichtigt, ist die von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie des International Food Policy Research Institute (IFPRI).

Diese Studie selbst nennt auf knapp zwei Seiten wissenschaftliche Unsicherheiten und Unzulänglichkeiten, an denen die Studie krankt. Unsicherheiten bestehen zum Beispiel, weil

  • die weltweit verfügbare Ackerfläche nicht genau beziffert werden kann
  • die bisher für Energiepflanzen genutzte Fläche bisher sehr klein ist – nach Berechnungen der Welternährungsorganisation FAO machen sie nur etwa 2 Prozent der Weltagrarflächen aus. Obwohl die genutzte Fläche sehr gering ist, müsste durch ihre Nutzung ein sehr großes Preissignal ausgesandt werden, damit die (theoretischen) Preismodelle einen Effekt erkennen lassen.
  • die Modelle nicht unterscheiden können zwischen direkten und indirekten Landnutzungsänderungen.
  • Um Landnutzungsänderungen grundsätzlich erfassen zu können, müsste ein verlässliches Beobachtungssystem für alle Flächen weltweit vorliegen, das derzeit nicht vorhanden ist.

Indirekte Effekte können nicht nur von Biokraftstoffen, sondern von unterschiedlichen Nutzungen hervorgerufen werden, z.B. Biomasseanbau für Futter- oder Nahrungsmittel, Viehzucht, Siedlungsfläche, (Verkehrs-)Infrastruktur etc.

Es ist fraglich, in welcher Größenordnung indirekte Effekte auftreten und ob dies grundsätzlich negative Auswirkungen hat. Möglicherweise führt eine erhöhte Nachfrage nach Biomasse nicht zu einer Ausweitung der Anbaufläche, sondern zu einer Steigerung der Produktivität (Ertrag pro Fläche), ggf. kombiniert mit einer Optimierung der Fruchtfolge. Außerdem kann die durch die Biokraftstoffnutzung hervorgerufene steigende Nachfrage auch zu einer verstärkten Nutzung von Brachflächen (bisher nicht bebauten Flächen) führen.
Die Endverwendung der Biomasse ist beim Anbau (also auch bei einer vorangehenden Landnutzungsänderung) noch gar nicht bekannt. Z.B. wird Palmöl zu über 90 Prozent in Nahrung, Kosmetik, chemischer Industrie, Blockheizkraftwerken (BHKW) und nur zu etwa fünf Prozent für Biodiesel verwendet. Der Verwendungspfad entscheidet sich oft jedoch erst beim Verkauf des Pflanzenöls. Wie weist man aber die indirekten Effekte einer Fläche/ Pflanze den verschiedenen Verwendungszweigen zu?